Konventionelle Antibiotika wirken meist gegen ein breites Spektrum von bakteriellen Erregern. Dies befördert die Entwicklung von multiresistenten Krankheitserregern und zerstört zugleich die Zusammensetzung unserer schützenden Mikrobiota, was vielfältige und ungewollte Auswirkungen auf unsere Gesundheit zur Folge hat. Es braucht daher neue Antibiotika, die spezies-spezifisch wirken und somit ganz gezielt einzelne Erreger ausschalten. Unser Team forscht in einem fächerübergreifenden Ansatz an einer neuartigen Wirkstoffgruppe von RNA-ähnlichen Molekülen, sogenannte Peptid-Nukleinsäuren (englisch peptide nucleic acids, PNA), mit der man spezifisch einzelne Bakterienstämme behandeln kann. Diese RNA-Antibiotika können mit einfachen chemischen Mitteln verändert werden, um eine spezifische Wirksamkeit gegen neu auftretende Erreger zu erreichen. Um diesen Anpassungsprozess zu automatisieren, soll über Hochdurchsatzverfahren und maschinelles Lernen eine digitale Plattform geschaffen werden, die Forscher in die Lage versetzt, diese Wirkstoffmoleküle gezielt gegen eine Vielzahl von gefährlichen Krankheitserregern zu erzeugen.
Peptid-Nukleinsäuren sind RNA-ähnliche Moleküle, die über komplementäre Basenpaarung an mRNA Moleküle binden und die Produktion von Proteinen inhibieren können. Dieser Ansatz wurde bereits in präklinischen Studien als wirksam bestätigt, doch es gibt viele offene Fragen, z.B. zu Regeln der Programmierung solcher RNA-Antibiotika, Mechanismen der Resistenzentwicklung und möglicher Toxizität gegenüber Wirtszellen oder Vertretern der umgebenden Mkrobiota. Wir verfolgen eine Kombination aus Transkriptomanalyse und maschinellem Lernen, um die Effekte von PNAs auf die Bakterien zu verstehen und effektive PNA Kandidaten zu identifizieren.
Das Ziel unseres Forschungsansatzes ist es, effektive PNA-Kandidaten für wichtige klinische Krankheitserreger zu etablieren. Hierzu wollen wir durch die systematische Analyse empirischer Datenmengen die molekularen Grundlagen von PNA-Aktivität und Resistenzen dagegen charakterisieren. Die Erkenntnisse, welche wir aus diesen Studien gewinnen, werden die Grundlage für zukünftiges rationales Design von RNA-basierten Antibiotika gegen multiresistente Krankheitserreger und zur Editierung des Mikrobioms bilden.
© Sandy Pernitzsch
Die Entwicklung von RNA-basierten Antibiotika hat vielfältige Bedeutung für die Behandlung von Infektionskrankheiten. Am wichtigsten ist die potentielle Vermeidung einer ungerichteten Störung unserer gesunden Bakterienflora. Das kann eine schnellere Genesung befördern und außerdem ungewollte Resistenzentwicklungen verhindern. Weiterhin könnte man mit dieser Strategie Bakterien funktionell verändern, sodass z.B. resistente Bakterien wieder auf ein konventionelles Antibiotikum ansprechen oder Pathogene nicht mehr ihre Virulenzfaktoren, z.B. Toxine, ausbilden können. Da bestimmte bakterielle Erreger auch mit einer veränderten Tumorgenese assoziiert werden, könnten solche RNA-Antibiotika zukünftig auch für die Krebsbehandlung interessant werden.
Prof. Dr. Jörg Vogel
Projektleitung
Universität Würzburg
Medizinische Fakultät
Institut für Molekulare Infektionsbiologie
Jun. Prof. Dr. Franziska Faber
Projektleitung
Universität Würzburg
Medizinische Fakultät
Institut für Molekulare Infektionsbiologie
Jun. Prof. Dr. Lars Barquist
Projektleitung
Universität Würzburg
Medizinische Fakultät
Institut für Molekulare Infektionsbiologie