Produkte des körpereigenen Stoffwechsels wirken nicht nur regulativ auf das Immunsystem, sondern können auch das Wachstum bzw. Persistieren von Bakterien beeinflussen. Der Beitrag von Wirtsmetaboliten in der antimikrobiellen Abwehr ist noch weitestgehend unerforscht. Wir postulieren, dass eine gezielte Modulation des Wirtsmetabolismus, das Erregerwachstum zu inhibieren und eine antimikrobielle Wirksamkeit gegenüber Persistern zu entfalten vermag. Dies werden wir mit einem Salmonelleninfektionsmodell paradigmatisch untersuchen. Dafür werden wir Methoden der Bioinformatik und des maschinellen Lernens verwenden, um aus hochkomplexen Metabolom- und Transkriptomdaten neue im Metabolismus verankerte antimikrobiell wirksame Zielstrukturen zu ermitteln. Hierbei werden im Jantsch-Lab Makrophagen mit Salmonellen infiziert und verschiedene Signalwege der Makrophagen gestört. Im Dettmer-Lab werden aus infizierten Makrophagen gewonnenen Proben genomweite Genexpressionsanalysen (in Zusammenarbeit mit der Genomics Core Unit der Universität Regensburg), umfassende Metabolomanalysen sowie gezielte quantitative Metaboliten- und metabolische Traceranalysen durchgeführt. In der Spang-Gruppe werden prädiktive Modelle der Erregerkontrolle, Netzwerkmodellierung der Wirt-Erreger-Interaktion und kausale Modelle zur Identifizierung putativer antimikrobieller Zielstrukturen entwickelt. Die neuen Kandidaten werden dann im Jantsch-Lab und Dettmer-Lab in vitro und in vivo validiert. Damit soll die Grundlage für neue Ansätze der wirtsbasierten Therapie von multiresistenten Krankheitserregern geschaffen werden.
Multiresistente Krankheitserreger infizieren nicht jeden, den sie befallen. Einige Menschen verfügen über High-End-Makrophagen, die die Infektion kontrollieren und abwehren, während die Makrophagen anderer Menschen dies nicht können. Wir vermuten den Unterschied zwischen diesen Fresszellen des Immunsystems in ihrem Stoffwechsel. In der Regel weiß niemand, wie fit seine Makrophagen bei einer Infektion sein werden. Deshalb ist es wichtig, die charakteristischen Eigenschaften potenter Makrophagen besser zu verstehen und diese Eigenschaften dann auch diagnostizierbar zu machen. So könnten Hochrisikopatienten für Infektionen frühzeitig identifiziert werden. Darüber hinaus kann der Stoffwechsel der Makrophagen nicht nur durch eine Vielzahl von Medikamenten in unterschiedlicher Weise beeinflusst werden, sondern auch durch eine durch übermäßige Nahrungszufuhr bedingte und über metabolische Vorgänge ausgelöste Entzündungsreaktion (Metaflammation). Wie diese Faktoren sich auf die Fitness der Makrophagen zur Abwehr von Krankheitserregern auswirken, wissen wir heute noch nicht.
Wir setzen in diesem Projekt auf eine Strategie, die moderne Stoffwechselanalytik und Verfahren der künstlichen Intelligenz mit experimenteller Infektionsimmunologie verbinden. Alle drei Gebiete haben in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und in ihrer Vernetzung sehen wir die Chance schnell voranzuschreiten. In unserem Projekt arbeiten deshalb Forscherteams aus allen drei Gebieten zusammen. Das Jantsch-Lab hat es sich in diesem Vorhaben zum Ziel gesetzt das Wechselspiel zwischen Infektionsabwehr und Immunstoffwechsel zu ergründen und zeichnet für die experimentelle Arbeit an infizierten Makrophagen verantwortlich. Das Dettmer-Lab ist auf dem Gebiet der Metabolomics, also der Stoffwechselanalytik, bestens ausgewiesen und erzeugt in unserem Projekt unter Einsatz moderner Massenspektrometer hochdimensionale Messdaten zum Makrophagenstoffwechsel. In diesen Datensätzen sucht die Spang-Gruppe mit Hilfe von Verfahren der künstlichen Intelligenz nach Datenmustern, die zur Diagnostik oder zur Detektion therapeutischer Zielstrukturen benutzt werden können. Die Gruppe entwickelt seit vielen Jahren solche Algorithmen und wendet sie in klinischen Kontexten an.
Unser Ziel ist es, die wissenschaftliche Grundlage für einen auf den Makrophagenstoffwechsel fokussierten Ansatz zur Diagnostik, Prävention und Therapie von Infektionen durch multiresistente Erreger zu schaffen. Wir untersuchen daher den Stoffwechsel von infizierten Makrophagen und untersuchen deren Fähigkeit, die aufgenommen Infektionserreger zu kontrollieren. Mit Hilfe von Verfahren der künstlichen Intelligenz sollen Muster im Stoffwechsel identifiziert werden, die gerade High-End Makrophagen auszeichnen. In unseren Infektionsexperimenten greifen wir auch experimentell in den Stoffwechsel ein, um so die potentielle Wirkung von Medikamenten nachzuahmen. Darüber hinaus setzen wir intelligente Algorithmen der kausalen Inferenz ein, um zu verstehen, wie gezielte therapeutische Eingriffe in den Makrophagenstoffwechsel dessen antimikrobiellen Eigenschaften verändern. Wir wollen so lernen, wie man gewöhnliche Makrophagen zu High-End-Makrophagen umprogrammieren kann.
Makrophagen (rot) bei der Phagozytose von Bakterien (grün)
Aus dem so gewonnen Wissen können neue diagnostische und auch immuntherapeutische Ansätze zur Bekämpfung multiresistenter Keime abgeleitet werden. Das klassische Antibiotikum soll dabei um ein neues Therapieprinzip ergänzt werden. Statt den Keim direkt zu töten, stärken wir das Immunsystem bei der Beherrschung der Infektion. Der KI- und Medizinforschungs-Standort Bayern bietet uns ideale Startbedingungen dieses Projekt umzusetzen. Eine aus diesem Ansatz erwachsende Strategie zur Bekämpfung von Infektionen könnte auch im Rahmen eines Spin-off Unternehmens weiterverfolgt werden. Darüber hinaus könnten die Ergebnisse aber weit über Bayern hinaus unsere Gesundheitssysteme stärken und Patienten neue Therapieoptionen erschließen.
Das Jantsch-Lab ist auf dem Gebiet der Infektionsimmunologie tätig. Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten liegt in der Erforschung der Rolle des Immunstoffwechsels in der von Zellen des angeborenen Immunsystems vermittelten Infektionsabwehr.
Das Dettmer-Lab hat seinen Schwerpunkt auf dem Gebiet der umfassenden qualitativen und quantitativen Stoffwechselanalyse mittels gekoppelter massenspektrometrischer Methoden (Metabolomics).
Die Spang-Gruppe hat ihren Schwerpunkt auf dem Gebiet der Bioinformatik und des maschinellen Lernens. Hierzu gehören u. a. die prädiktive Modellierung hochdimensionaler molekularer Daten, Entwicklung neuer statistischer/ algorithmischer Methoden zu Analyse hochkomplexer Datensätze und die Modellierung biologischer Netzwerke und Verfahren des Causal Discovery.
Kooperationen
Genomics Core Unit, Universität Regensburg
Prof. Dr. Michael Hensel, Universität Osnabrück
Prof. Dr. Dirk Bumann, Biozentrum Basel
Prof. Dr. Jonathan Jantsch
Projektleitung
Universität Regensburg
Institut für Medizinische Mikrobiologie & Hygiene
PD Dr. Katja Dettmer-Wilde
Projektleitung
Universität Regensburg
Institut für Funktionelle Genomik
Prof. Dr. Rainer Spang
Projektleitung
Universität Regensburg
Institut für Funktionelle Genomik